© Musikverein Weigheim e.V. 2024
Vereinsgeschicht
e
Garant für den guten Ton
Michael Eckert
2014 konnte der Musikverein seinen 90. Geburtstag
feiern. Doch die Anfänge reichen viel weiter zurück.
„Die Gründung einer Musikkapelle in unserem
schlichten Dörflein erfolgte zu Beginn der 50er Jahre
des vorigen Jahrhunderts.“ So schreibt Josef Grimm
im „Festbuch zum 4. Gau-Musikerfest des
Landkapellen des Bad. und Württ. Schwarzwaldes“,
das vom 11. bis 13. Juni 1927 in Weigheim gefeiert
wurde. Und nicht ohne Stolz wird weiter vermerkt:
„Die Weigheimer Musik war eine der ersten in der
näheren wie weiteren Umgebung, da in mancher
Gemeinde noch nicht derartiges existierte.“ Neben
dieser Kapelle unter Ernst Hausers Führung
entstand im Jahr 1886 eine weitere, die der Lehrer
Leopold Fehr leitete. Allerdings zerfiel diese Gruppe
bereits nach zwei Jahren wieder. Die
leistungsfähigsten Musiker schlossen sich Hausers
Kapelle an. Sie bestand bis zum Ausbruch des
Ersten Weltkriegs.
Im Frühjahr 1924 entschlossen sich die
Musikbegeisterten zur Gründung eines Vereins. Als
Gründungsmitglieder trugen sich ein: Oberlehrer
Anton Fritz, Vorsitzender und Dirigent; Christian
Weißhaar, stellvertretender Vorsitzender; Alfons
Weißhaar, Schriftführer; Johannes Sulzmann,
Kassierer, sowie ferner Wilhelm Bechtold, Josef
Bechtold I, Josef Bechtold II, Adolf Bechtold, Karl
Saub, Matthias Weißhaar, Anton Hauser, Johannes
Grießer, Xaver Schleicher, Franz Weißhaar, Johannes
Bantle, Wilhelm Distel und August Weißhaar.
Unmittelbar nach der Vereinsgründung gab es einen
Dirigentenwechsel. Anton Fritz übergab den
Taktstock an Martin Haller aus Trossingen. Den
Vorsitz behielt er jedoch bei. In die Ära Fritz fällt ein
für den jungen Verein wichtiger Schritt: der im Mai
1924 vollzogene Beitritt zu dem ein Vierteljahr zuvor
gegründeten Gau der Landkapellen des badischen
und württembergischen Schwarzwaldes. Darin
hatten sich 15 Vereine zusammengeschlossen:
Dauchingen, Bad Dürrheim, Dunningen, Mariazell,
Sulgen-Sulgau, Hausen ob Rottweil, Pfaffenweiler,
Obereschach, Tennenbronn, Zimmern ob Rottweil,
Weigheim, Horgen, Niedereschach, Herrenzimmern
und Mönchweiler. Einen Wechsel im Vorsitz musste
der Verein 1927 verkraften. Gesundheitliche Gründe
zwangen Anton Fritz, sein Amt niederzulegen. Der
spätere Bürgermeister Alfons Käfer trat an seine
Stelle. Unter seiner Ägide erlebte der Verein einen
beachtlichen Aufschwung.
Das Jahr 1933 stellte den Verein vor einige
Anforderungen, und auch die Machtübernahme
durch die Nationalsozialisten wirkte sich aus. Neben
ihren üblichen Veranstaltungen wie Ball am
Fastnachtssonntag, dem Frühlingskonzert am
Ostermontag, der Weihnachtsfeier sowie Auftritten
am 1. Mai, am Totensonntag und bei
Nachbarvereinen „mußte“ - so vermerkt es das
Protokollbuch - die Kapelle anlässlich des 44.
Geburtstages Reichskanzlers Adolf Hitler am 20.
April in Schura einen Fackelzug und die Pflanzung
einer „Hitler-Eiche“ musikalisch begleiten. Am
Anfang überwog wohl die Skepsis gegenüber den
neuen Machthabern. Jedenfalls sollte es drei Jahre
dauern, bis die Musiker bei ihrem traditionellen
Silvesterständchen, das normalerweise dem
Vorsitzenden und dem Pfarrer galt, auch beim
Ortsgruppenleiter der NSDAP, Otto Hauser, ihre
Aufwartung machten - ob freiwillig oder auf Druck
der Obrigkeit, ist den Protokollen indes nicht zu
entnehmen.
„Unliebsam“ beschäftigte den Verein 1933 die
Dirigentenfrage. Der bisherige Kapellmeister Josef
Hargina legte sein Amt nieder. Erneut übernahm
Martin Haller die Stabführung. Einen bedeutenden
Einschnitt in der Vereinsgeschichte sollte das Jahr
1936 bringen. Bei der Generalversammlung am 7.
Februar lehnte Anton Käfer, der die Geschicke der
Musiker seit 1927 geleitet hatte, eine Wiederwahl ab
- „infolge anderweitiger Beschäftigung“. Zu seinem
Nachfolger wurde Johannes Bechtold gewählt.
Erneut kam zudem die „Dirigentenfrage zur
Sprache“. Martin Haller war es aufgrund „vieler
Arbeit“ nicht länger möglich, „die Direktion zu
übernehmen“. Der Ausschuss beschloss, „den Herrn
Lehrer“ zu fragen, ob er diese Aufgabe
übernehmen wolle. Doch der wollte offenbar nicht.
Akut wurde die Nachfolgeregelung zu Beginn des
Jahres 1937. Haller konnte das Amt aufgrund von
Krankheit nicht länger ausüben. Der Ausschuss
entschied daher, den damals 29-jährigen Musiker
Adolf Bechtold zum Dirigenten ausbilden zu lassen.
Euphorisch begann das Jahr 1939. In der
Generalversammlung am 21. Januar wurde
angeregt, anlässlich des 15-jährigen Bestehens des
Vereins ein kleines Fest zu veranstalten. Zudem
wurde bekanntgegeben, dass die Musiker
zusammen mit den anderen Vereinen auch in
Weigheim einen Fastnachtsumzug zu veranstalten
beabsichtigten. Tatsächlich fand der am 19. Februar
auch statt; „zahlreiche Neugierige“ wurden
angelockt. Am 13. August feierte die Kapelle ihren
15. Geburtstag. Es sollte das letzte Fest für lange
Zeit sein. Nur wenige Tage später, am 1. September
1939, brach mit dem deutschen Angriff auf Polen
der Zweite Weltkrieg aus.
Acht Jahre ruhte wegen des Kriegs das
Vereinsleben. Der Neubeginn war schwierig. Manch
ein Musiker war gefallen, andere noch in
Gefangenschaft. Junge Musiker mussten erst
herangezogen werden, und auch die finanziellen
Mittel waren knapp. Gleichwohl waren vornehmlich
die Aktiven von dem Willen beseelt, den Verein
wieder zu beleben. Am 4. Januar 1947 wurde er im
Gasthaus Schützen neu gegründet - kein leichtes
Unterfangen, hatte doch zunächst die französische
Militärregierung ihre Einwilligung geben müssen. In
dieser Versammlung wurden gewählt: Vorsitzender:
Alfons Weißhaar, Stellvertreter: Erwin Weißhaar,
Kassierer: Ottmar Weißhaar, Schriftführer: Wilhelm
Distel. Den Taktstock führte, wie schon seit 1937,
Adolf Bechtold. Voller Elan widmeten sich die
Musiker dem Wiederaufbau ihres Vereins. Schon im
ersten Jahr nahmen sie alte Traditionen wieder auf.
Die Kapelle spielte wie gewohnt an Fronleichnam,
beim Rosenkranzfest, sie veranstaltete einen
Fastnachtsball und lud zur Weihnachtsfeier. 1948
bereits wagte sich der Verein wieder an ein
Frühjahrskonzert. „Große Zufriedenheit“ herrschte
in der Generalversammlung am 6. Februar 1949,
konnte der Kassierer Ottmar Weißhaar doch von
einem guten Kassenstand berichten, und das trotz
der Währungsreform.
Das Jahr 1950 war angefüllt mit zahlreichen
Auftritten: Im Juni feierte der FC Vorwärts sein 30-
jähriges Bestehen, im Juli begingen die Patenkapelle
Harmonie Schwenningen ihr 50. und der
Musikverein Dauchingen sein 80. Jubiläum. Zudem
nahmen die Weigheimer am Kreismusikfest in
Lauffen teil - allerdings kamen sie gar nicht zum
Zuge: Wegen Zeitmangels - der Umzug war „fast
endlos“ - wurde ihr Vortrag kurzerhand gestrichen.
Ein Wechsel war in diesem Jahr zu verzeichnen.
Dirigent Adolf Bechtold gab nach insgesamt 18-
jähriger Tätigkeit den Taktstock an Otomar Götzl
weiter. Fast 21 Jahre hatte er die musikalische
Leitung inne. Nachdem in der Generalversammlung
vom 12. Januar 1951 der Vorstand noch komplett
bestätigt worden war, musste sich der Verein acht
Monate später auch nach einem neuen
Vorsitzenden umsehen. Alfons Weißhaar hatte sein
Amt „kurzfristig niedergelegt“. Anton Hauser wurde
zum Nachfolger gewählt. Zuvor hatte die Kapelle
einen besonderen Erfolg errungen. Beim
Bezirksmusikfest in Trossingen hatte sie sich in der
Oberstufe die Note „sehr gut“ erspielt. Als
besonderer Auftritt erwies sich zudem die
Teilnahme am Kinderfest am 21. August in
Trossingen. Da der Rundfunk Aufnahmen machte,
war die Weigheimer Kapelle erstmals im Radio zu
hören.
Ein herausragendes Ereignis warf in diesem Jahr
bereits seine Schatten voraus. Am 26. Oktober
beriet der Ausschuss erstmals über die Anschaffung
einer einheitlichen Uniform. An Ostern 1952
präsentierten sich die Musiker anlässlich des
Doppelkonzerts mit dem Muiskverein Aldingen
erstmals in neuem „Outfit“.
Eine Frage, die den Verein noch jahrelang
beschäftigen sollte, kam 1953 zur Sprache: die
Eintragung ins Vereinsregister. Es wurde
beschlossen, diesen Schritt nur zu tun, „wenn die
Kosten nicht zu hoch kommen“. Ein schwerer Schlag
traf den Verein 1957. Am 23.Januar verstarb der
Vorsitzende Anton Hauser. Das Gründungsmitglied
war ein großer Förderer und Gönner des Vereins.
Dessen 31-jähriger Sohn Erwin Hauser übernahm
die Geschäfte.
1962 sollte für die Musiker einen herausragenden
Erfolg bringen, es sollte gar als „Markstein in die
Geschichte des Vereins“ eingehen. Am 8. Juli nahm
die Kapelle anlässlich des elften Musikfestes des
Kreises Rottweil in Seedorf teil und stellte sich zum
ersten Mal nach zehn Jahren wieder einem
Wertungsspiel. Dabei erzielten die Musiker einen
ersten Rang in der Mittelstufe. Trotz des Auftriebs,
den die Kapelle angesichts dieser Auszeichnung
genoss, schien die Probemoral zu leiden. Bei der
Hauptversammlung am 13. Januar 1963 drohte der
Vorsitzende unumwunden mit „anderen
Maßnahmen“, sollten sich die Aktiven künftig nicht
pünktlich zu den Übungsstunden einfinden. Erwin
Hauser hatte gerade in diesem Jahr auch allen
Grund, Disziplin einzufordern, liefen doch die
Vorbereitungen für die 1200-Jahr-Feier der
Gemeinde auf Hochtouren, und der Musikverein
hatte seinen nicht unerheblichen Beitrag zu leisten.
Er steuerte nicht nur die musikalische Umrahmung
bei, er gestaltete auch einen Festwagen, auf dem die
Verleihung der Schenkungsurkunde im Jahr 763
dargestellt wurde.
Einen Wechsel in der Führung brachte das Jahr
1964. Wegen geschäftlicher Überlastung trat Erwin
Hauser nicht mehr an. Julius Dold wurde zu seinem
Nachfolger gewählt. Er übernahm keine leichte
Aufgabe, schließlich musste das 40. Jubiläum
organisiert werden. Dold meisterte diese
Herausforderung; sowohl musikalisch als auch
finanziell waren die Feierlichkeiten ein
durchschlagender Erfolg. Am 12. September wurde
der neue Kindergarten samt Jugendheim feierlich
eingeweiht. Die Musiker sollten in dem Gebäude
eine neue Heimat für ihre Veranstaltungen finden.
Konzerte, Hauptversammlungen, Weihnachtsfeiern
fanden in den folgenden Jahren regelmäßig im
Jugendheim statt.
1965 wurde mit einer Tradition gebrochen. Bei der
Weihnachtsfeier verzichtete der Verein auf eine
Theateraufführung und gab stattdessen ein Konzert.
Erst 1976 sollte dieser alte Brauch mit einer
Darbietung einer Laienspielgruppe um Gerd Löwl
für kurze Zeit wieder aufleben. 1967 gab der Verein
eine weitere traditionelle Veranstaltung auf:
Erstmals fand kein Tanzvergnügen mehr an Fasnet
statt. 1968 stand Julius Dold wegen Krankheit nicht
mehr als Vorsitzender zur Verfügung. Sein
Nachfolger wurde Josef Hugger. Seine Amtszeit war
indes nur kurz. Bereits ein Jahr darauf trat er zurück.
Es sollte eineinviertel Jahre dauern, bis mit Adam
Fischer ein neuer Vorsitzender gefunden werden
konnte. In den 17 Jahren unter Fischers Ägide
erlebten die Musiker einige Höhepunkte. Doch die
ersten Jahre des siebten Jahrzehnts waren geprägt
von einem häufigen Dirigentenwechsel. Otomar
Götzl aus Trossingen, seit 20 Jahren für die
musikalische Leitung der Kapelle verantwortlich,
legte 1971 den Taktstock nieder. Der 63-jährige
Adolf Bechtold, bislang zweiter Dirigent, übernahm
noch einmal die Stabführung. Doch schon bei der
Frühlingsfeier an Ostern 1972 war sein letzter
Auftritt vor großem Publikum; Bechtold schied
altershalber aus. Beim Sommerfest 1972 gab sein
Nachfolger Rudolf Tschabruns aus Schura seinen
Einstand.
Große Ereignisse standen dem Verein 1974 bevor:
Er feierte seinen 50. Geburtstag. Das Jubiläum
entwickelte sich zu einem „kleinen Weigheimer
Volksfest“, mehr noch: Es wurde als „glanzvolles
Fest“ bewertet, wie es die Gemeinde seit ihrer 1200-
Jahr-Feier 1963 nicht mehr erlebt habe. Musikalisch
krönte Dirigent Rudolf Tschabrun das Jubeljahr: Er
hatte eigens zum Jubiläum den
„Freundschaftsmarsch“ komponiert. Nach diesem
aufreibenden Jahr ging’s 1975 etwas ruhiger zu.
Gleichwohl waren die Musiker gefordert. Weigheim,
gerade in die Stadt Villingen-Schwenningen
eingemeindet, war als Ziel des städtischen
Wandertages auserkoren worden. Die musikalische
Gestaltung oblag der Kapelle. Es sollte ein „wahres
Festival der Volksmusik“ werden. Das Jahr 1976
brachte erneut einen Dirigentenwechsel. Am 1.
September löste Franz Herre, Musiklehrer aus
Trossingen, Helmut Distel ab, der nach dem
Ausscheiden Rudolf Tschabruns seit 1974 die
Stabführung innehatte. 1977 wurde die Premiere
einer Veranstaltung gefeiert, die sich seither immer
größerer Beliebtheit erfreut: Am Vatertag fand das
erste Waldhüttenfest statt. 1978 war ein besonderes
Jahr für den Nachwuchs. Erstmals stellte sich die
Jugendgruppe einem Wertungsspiel - mit Erfolg. In
der Mittelstufe für Fortgeschrittene erspielte sie sich
einen zweiten Rang.
Das neue Jahrzehnt begann für den Musikverein mit
einem Paukenschlag. Eine Neugründung war aus
formalrechtlichen Gründen erforderlich, um ins
Vereinsregister eingetragen werden zu können.
Bereits 1953 war eine Eintragung diskutiert, aber
immer wieder verschoben worden. In der
Mitgliederversammlung am 25. April 1980 wurde
eine neue Satzung verabschiedet, mit der die
rechtlichen Voraussetzungen erfüllt wurden. Da der
Verein quasi neu gegründet werden musste, waren
auch Wahlen erforderlich. Dieser dritte
„Gründungsvorstand“ setzte sich wie folgt
zusammen: Vorsitzender: Adam Fischer,
Stellvertreter: Karl Korherr, Kassierer: Josef Fischer,
Schriftführer: Helmut Distel, Notenwart: Wolfgang
Bechtold, Uniformwart: Ernst Kramer,
Instrumentenwart: Karl-Heinz Slaminski. Aktive
Beisitzer waren Otto Maier und Hermann Kutzli, die
passiven Mitglieder wurden durch Leo Krüger, Karl
Müller und Franz Frassmann vertreten.
Im April 1981 stellte der Verein das neu
eingerichtete Probelokal im alten Schulhaus der
Öffentlichkeit vor. Dieses Ambiente schien die
Musiker geradezu zu beflügeln. Jedenfalls
absolvierten sie selten zuvor so viele Auftritte, und
beim Jahresabschlusskonzert, so wurde vom
Dirigenten freudig vermerkt, wurde hörbar, dass
das Niveau „erheblich gestiegen“ sei. Diese
Leistungssteigerung gab Helmut Distel, der nach wie
vor voller Elan den Taktstock führte, berechtigten
Anlass, 1982 ein ehrgeiziges Ziel vorzugeben: die
Teilnahme am Wertungsspiel in Fluorn-Winzeln.
Tatsächlich traten die Weigheimer im Mai beim dort
abgehaltenen 23. Musikfest des Verbandes
Rottweil/Tuttlingen an - das erste Mal wieder seit
1973. Die Kapelle erspielte sich in der Mittelstufe
einen ersten Rang mit Belobigung - eine in der
Vereinsgeschichte bis dahin nicht erreichte
Auszeichnung. Stolz marschierten die Musiker nach
ihrer Rückkehr unter Marschklängen ins Dorf ein.
Mit einer „unerfreulichen“ Nachricht begann das
Jahr 1984. In der Generalversammlung vom 17.
Februar musste der Vorsitzende von zehn Austritten
berichten; dem stand nur ein Neuzugang
gegenüber. Zudem zeigte der Dirigent Probleme
beim Nachwuchs auf: „Das Interesse lässt einfach zu
wünschen übrig.“ Gleichwohl stand dem Verein ein
rauschendes Fest ins Haus. Vom 6. bis 9. Juli feierte
er sein 60-jähriges Bestehen. Doch begann sich
Mitte der 80er-Jahre bereits die Krise abzuzeichnen,
die den Verein in seinen Grundfesten erschüttern
sollte. Bedingt durch Studium, berufliche
Veränderungen und altersbedingte Abgänge wurde
die Kapelle geschwächt. Wie angeschlagen sie 1987
war, beweist auch der Umstand, dass erstmals kein
Jahreskonzert stattfand. Erschwerend kamen
personelle Veränderungen hinzu. Adam Fischer, der
die Geschicke des Vereins seit Dezember 1970
geleitet hatte, kandidierte nicht mehr als
Vorsitzender; sein Nachfolger wurde Horst Bechtold.
Auch der langjährige Dirigent Helmut Distel legte
Ende des Jahres sein Amt nieder. Karl-Heinz
Slaminski übernahm den Taktstock. Der schlechten
Nachrichten damit nicht genug, musste die Kapelle
1988 weitere Lücken in ihren Reihen beklagen. Die
Lage war Mittlerweile so prekär, „dass man nur
noch die wichtigsten Auftritte wahrnehmen“ konnte.
Darüber hinaus sah sich der Verein mit weiteren
Turbulenzen konfrontiert. In der
Generalversammlung 1988 stellte sich der erst ein
Jahr zuvor gewählte Horst Bechtold nicht mehr zur
Wahl. Vorausgegangen waren
Auseinandersetzungen mit den Musikern. Auch sein
Stellvertreter Wolfgang Bechtold lehnte eine
erneute Kandidatur ab. Die Posten konnten nicht
wieder besetzt werden. Erst 1991 gelang es, wieder
Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden und des
Stellvertreters zu gewinnen. Der Verein stand vor
einem Scherbenhaufen. In der Zwischenzeit war es
im Wesentlichen Kassierer Josef Fischer, der ihn
zusammenhielt.
Aller Widrigkeiten zum Trotz veranstaltete der
Verein 1988 wieder ein Jahresabschlusskonzert, bei
dem auch erste Früchte der intensivierten
Nachwuchsarbeit geerntet werden konnten.
Gleichwohl: Die Krise war noch nicht überwunden.
Der Dirigent musste bei der Hauptversammlung
1989 von einem neuen Tiefstand berichten. Nur
noch 28 Aktive wurden gezählt. Es war Karl-Heinz
Slaminskis letzter Bericht als Verantwortlicher für
den musikalischen Bereich; er legte sein Amt nieder.
An seine Stelle trat Peter Klein, für den sich alle
Musiker ausgesprochen hatten. Er leistete
mühevolle Wiederaufbauarbeit. Sein erster großer
öffentlicher Auftritt in Weigheim war bei der
Jahresabschlussfeier, bei der - Ausdruck der
angespannten Situation - nur ein „kleines
Konzertprogramm“ dargeboten werden konnte.
Doch ein viel versprechender Neuanfang war
gemacht.
Zu Beginn der 90er Jahre schlugen die Wellen indes
noch einmal hoch im Musikverein. Auch in der
Generalversammlung vom 20. April 1990 konnten
die vakanten Vorstandsposten nicht besetzt werden.
Die Zahl der Aktiven war stark geschrumpft,
zeitweise zählte die Kapelle nur noch 15 Musiker.
Auftritte waren in diesem Jahr daher spärlich gesät.
Aufgrund dessen hatte der Verein auch
beträchtliche finanzielle Einbußen zu verkraften. Ein
Silberstreif am Horizont zeichnete sich 1991 ab. Die
Nachwuchswerbung verhieß Positives. Auch die
nach wie vor offene Vorstandsfrage schien 1991
geklärt werden zu können. In einer
außerordentlichen Mitgliederversammlung am 7.
Oktober ließen sich Michael Schrenk und Helmut
Klein als Vorsitzender und Stellvertreter aufstellen.
Doch die Freude war nur von kurzer Dauer. Bereits
in der Hauptversammlung am 17. Januar 1992 trat
Schrenk von seinem gerade übernommenen Amt
zurück. Grund: verschiedene Unstimmigkeiten, in
deren Verlauf es schließlich zum Eklat kommen
sollte. Der langjährige Kassierer Josef Fischer drohte
mit seinem Ausscheiden und ließ seinen Worten
auch unverzüglich Taten folgen: Er trat aus dem
Verein aus. Erneut schien der Verein seinem Ende
nahe. Niemand war bereit, im Vorstand
mitzuarbeiten. Dirigent Peter Klein sprang in die
Bresche und übernahm in Personalunion das Amt
des Vorsitzenden. Und die Kapelle feierte eine –
wenn auch wenig beachtete Premiere: Zum ersten
Mal in der Vereinsgeschichte wurde eine Frau in den
Vorstand gewählt. Carola Schieler wurde
Kassiererin; mittlerweile ist sie die „Dienstälteste„ im
Führungsteam. Aufgrund der internen Probleme
war das Weihnachtskonzert abgesagt, auf den März
1992 verschoben und kurzerhand als
„Jahreskonzert“ deklariert worden. Dieser
Frühjahrstermin wurde seither beibehalten. Das
Konzert geriet ungeachtet der Querelen zu einem
Erfolg. Ziel Kleins war es, die Nachwuchsarbeit
weiter zu intensivieren und die Traditionstermine
des Vereins wieder wahrzunehmen. Dazu zählt auch
die Gestaltung des Gottesdienstes am Weißen
Sonntag. 1993 wurde diese Aufgabe wieder
übernommen. Ferner stand ein Großereignis bevor:
1994 beging der Musikverein sein 70-jähriges
Bestehen. „Rundum gelungen, erfolgreich und
schlichtweg schön“: Mit diesen Prädikaten wurde die
dreitägige Feier versehen. Überhaupt ging es wieder
aufwärts. Die Hauptversammlung vom 3. Februar
1995 brachte den von Klein ersehnten Wechsel im
Vorsitz. Der damals 31-jährige Jochen Schieler
übernahm das Amt. Stetig stieg die Zahl der Aktiven
wieder. 1997 wies die Statistik 35 Musiker auf,
davon zwölf unter 18 Jahren - Beweis für die
profunde Jugendarbeit Kleins.
Nicht zuletzt mit Blick auf das 75. Jubiläum des
Vereins hatte sich der Vorstand bereits 1996
Gedanken über die Neuanschaffung von Uniformen
gemacht. Beim Jahreskonzert am 28. März 1998
traten die Musiker erstmals in neuen Trachten an
die Öffentlichkeit. Nur wenige Stunden vor dem
Auftritt waren sie geliefert worden. Zu den
Höhepunkten des Jahres zählte die Teilnahme am
Eurotreff Musik in VS im September. Der
Weigheimer Verein war im Übrigen der einzige der
Gesamtstadt, der Quartiere für Gäste zur Verfügung
gestellt hatte. Doch der Einsatz sollte sich lohnen.
Das Palais Ensemble Budapest (Palota Zenekar ),
das in Weigheim untergebracht war, überzeugte mit
einem überragenden musikalischen Niveau. Im
Jubiläumsjahr 1999 reisten die Musiker auf
Einladung ihrer neuen Freunde nach Budapest. Das
Jubelfest zum 75-Jährigen sollte erneut ein
Glanzpunkt werden. Drei Tage wurde gefeiert;
erneut erfreute ein prächtiger Festzug die
Weigheimer.
Ruhe kehrte im Verein im neuen Jahrtausend ein.
Kontinuierlich wurde(Wieder-)Aufbauarbeit
geleistet. Die Erfolge blieben nicht aus: Sowohl die
Zahl der Mitglieder als auch der Zöglinge stieg. Ein
besonderes Augenmerk galt der Nachwuchsarbeit.
Lehrgänge im Ausbildungszentrum Spaichingen des
Kreismusikverbandes Rottweil/Tuttlingen wurden
obligatorisch, neue Wege über Verbandsgrenzen
wurden erfolgreich mit der Kooperation mit dem
Musikverein Hochemmingen und mit der
Musikakademie VS beschritten. Seit 2009 wird das
Jugendorchester sogar von einer Jugendlichen aus
den eigenen Reihen, nämlich Jessica Pfeifer, geleitet.
Ein besonderes Ereignis war der 12. Oktober 2001:
Die lang ersehnte Sport- und Festhalle wurde
eingeweiht, der Musikverein sorgte beim Festakt für
den guten Ton. Auch die Musiker profitierten fortan
von dem Neubau, können sie doch jetzt
Doppelkonzerte mit befreundeten Vereinen
veranstalten, was zuvor aufgrund räumlicher
Beengtheit kaum möglich war. Einen
einschneidenden Wechsel gab es Anfang 2002.
Peter Klein gab nach 13 Jahren den Taktstock an
Dirk Vosseler aus Tuningen ab. Ende 2003
übernahm Reimund Degner die musikalische
Leitung, die er acht Jahre innehaben sollte. Unter
seiner Stabführung erlebte die Kapelle einen
deutlichen Aufschwung. Seit Anfang 2011 leitet der
20-jährige Simon Glunz die Kapelle; sein gelungenes
Debüt gab er beim Adventskonzert 2011.
Ganz im Zeichen der Musik stand das Wochenende
vom 25. bis 27. September 2004: 80 Jahre
Musikverein wurden ausgiebig gefeiert. Überhaupt
verstehen die Musiker feste zu feiern. Neben dem
traditionellen Waldhüttenfest erfreut sich das 2007
eingeführte Fest „Ab in die Ferien„ im idyllischen
Pfarrgarten immer größerer Resonanz. Etabliert hat
sich mittlerweile auch das seit 2006 veranstaltete
Adventskonzert in der St.-Otmar-Kirche. Einen
Wechsel im Vorstand gab es 2010. Nach fünf Jahren
als Vorsitzender gab Uli Adamik das Amt ab. Sein
Vorgänger wurde sein Nachfolger: Jochen Schieler
leitet seitdem erneut die Geschicke des Vereins.
2014 konnte der Musikverein sein 90-jähriges
Jubiläum im Rahmen eines viertägigen Festes feiern.
Höhepunkt war hier der Auftritt der Tiroler
Blechblasformation Viera Blech am Samstag Abend
und der Jubiläumsumzug am Sonntag mit
befreundeten Musikkapellen und den Weigheimer
Vereinen.
2015 übernahm der Verein den Hammellauf von der
Heimat- und Trachtengruppe. Dieser etablierte sich
gemeinsam mit einem Oldtimertreffen als beliebtes
Herbstfest.
Zum Frühjahrskonzert 2017 gab Simon Glunz den
Dirigentenstab ab. Sein Nachfolger ist seit Juni 2017
Bodo Hermerschmidt